Anwaltshaftung: Damit die relevanten Tatsachen wirklich feststehen.
Frühzeitige Einbindung erleichtert den Schadensersatzprozess
Ein Fall aus unserer Praxis: Ein Ehemann hat einen äußerst ungünstigen Ehevertrag geschlossen – auf Anraten seines bisherigen Anwalts, der sich (zu) gut mit der Ehefrau verstand. Durch den Ausschluss des Zugewinnausgleichs verliert der Ehemann einen sechsstelligen Betrag. Das ruft nach einer Haftung seines Anwalts. Doch wird sich dieser so verteidigen: Der Ehevertrag ist so ungünstig, dass er sittenwidrig und damit unwirksam ist. Es fehle am Schaden, der Ehemann solle seine Frau in Anspruch nehmen. Sehen die Richter dies genauso, ist die Klage auf Schadensersatz gescheitert. Nimmt der Ehemann nun die Ehefrau in Anspruch, wird diese sagen: Der Ehevertrag ist wirksam. Sieht das Familiengericht dies genauso, scheitert der Ehemann erneut.
Prozesse wirken nur zwischen denen, die sie führen. Das Familiengericht oder die Ehefrau sind nicht an das Ergebnis des Vorprozesses gebunden. Das Ergebnis scheint erst einmal befremdlich. Die Konstellation gibt es aber nicht nur im Familienrecht. Dort ist sie sogar eher selten. Im Bauprozess kommt sie häufiger vor (Planungsfehler des Architekten oder Fehler bei der Ausführung?).
Um abweichende Ergebnisse zu vermeiden, kennt die Zivilprozessordnung die Streitverkündung: Im ersten Verfahren wird der andere mögliche Schuldner in den Prozess eingebunden. Das Ergebnis muss er dann gegen sich gelten lassen. In unserer Konstellation wird die Ehefrau in das Verfahren gegen den Anwalt eingebunden. Alternativ kann der Anwalt im Zugewinnausgleichsverfahren gegen die Ehefrau ins Boot geholt werden. Aus Kostengründen ist es übrigens meistens besser, zunächst den Prozess gegen die Ehefrau zu führen. Nimmt der Anwalt den Fehdehandschuh auf und bringt sich in den Prozess ein, wird er seine Kosten regelmäßig selbst tragen müssen, jedenfalls wenn im Rahmen des Scheidungsverfahrens über den Zugewinn gestritten wird.