Unsicherheiten bei grenzüberschreitenden Fällen
Die Verhandlungen über den Brexit laufen. Im Familienrecht gibt es relativ wenig zu verhandeln, denn hierzu hat Brüssel nur wenige Regeln erlassen. Das liegt nicht an der Faulheit der Kommissionsmitarbeiter, sondern am Vertrag von Lissabon. Dieser sieht nur sehr begrenzte Kompetenzen für ein Tätigwerden der EU vor. Artikel 81
erlaubt die Zusammenarbeit in grenzüberschreitenden Gebieten des Zivilrechts. In dessen Absatz 3 ist festgelegt, dass Maßnahmen zum Familienrecht nur einstimmig getroffen werden können. Zusätzlich haben die Briten in Protokoll Nr. 21 zum Vertrag festhalten lassen, dass sie sich gar nicht erst an Gesetzgebungsverfahren beteiligen, aber es erlauben, dass die anderen Staaten ohne die Insel aktiv werden.Einzig bei der sogenannten Brüssel IIa-Verordnung hat GB mitgemacht. Darin geht es um die internationale Zuständigkeit in Ehescheidungsangelegenheiten und Fragen der elterlichen
Verantwortung. Im deutschen Recht werden darunter die Themen Unterhalt, Sorge und Umgang verstanden. Mit dem Brexit wird diese Vereinbarung im Verhältnis zu GB wegfallen. Denkbar ist ein gesondertes Abkommen, auch im Zuge der Austrittsverhandlungen, das die Regelungen aus Brüssel IIa aufnimmt. Ob dafür bei den Austrittsverhandlungen Raum sein wird, ist keinesfalls sicher.
Ganz ohne Regelungen werden EU und GB aber nicht sein. Es gibt internationale Abkommen, genannt Haager Konventionen, an die GB und die EU und ihre Mitglieder gebunden sind – allerdings nicht in allen Fällen. Die Konvention von 1996 über den Schutz von Kindern gilt sehr weitreichend. Eine Konvention von 1970 über die Anerkennung von Scheidungen hat GB unterzeichnet, Deutschland allerdings nicht. Irgendwie wird es Anwälten und Gerichten gelingen, Lösungen für den Einzelfall zu finden, wie dies auch mit Staaten gelingt, die nie in der EU waren. Einfacher und schneller wird es aber nicht.