Eine Sache ist ganz klar: Kinder haben keinen Anspruch, dass ihnen schon zu Lebzeiten ein Erbe ausgezahlt wird. Solange die Eltern leben, können sie mit ihrem Vermögen tun und lassen, was sie wollen. Es gelten nur wenige Ausnahmen, wie z.B. wenn die Eltern Vorerben sind, d.h. mit der Verpflichtung geerbt haben, das Vermögen für einen Dritten zu erhalten. Ebenso wenig können Kinder zu Ihren Lebzeiten ihren Pflichtteil verlangen. Diese Forderung spielt erfahrungsgemäß oft eine große Rolle, wenn ein Elternteil nach Tod des anderen oder Ehescheidung wieder heiraten möchte. Hier befürchten die Kinder häufig, dass das Familienvermögen von Personen verbraucht wird, denen es nach ihrem Dafürhalten nicht zusteht. In ganz extremen Fällen können die Kinder ihre Eltern unter Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt (der vor 20 Jahren die Entmündigung ersetzt hat) stellen lassen, um eine Vermögensverschwendung zu verhindern. Eltern können aber beruhigt sein: Die Richter ordnen die Betreuung niemals vorschnell an.
Wenn Sie einem Kind – etwa in der Absicht, Steuern zu sparen – trotzdem eine Zuwendung machen wollen, gilt es zu überlegen, ob diese später auf das Erbe angerechnet werden soll. In diesem Fall ist ein Erbverzichtsvertrag zu schließen. Weiter in Betracht kommen eine Berücksichtigung der Zuwendung bei der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft oder – bei einer Enterbung – eine Anrechnung auf den Pflichtteil. Hier sollten Eltern ihren Willen unbedingt bei der Vornahme der Zuwendung dokumentieren, ansonsten kassiert das Kind, das eigentlich leer ausgehen soll, gleich zweimal.