Oft äußern Eltern den Wunsch, einem Kind möglichst wenig vom Nachlass zukommen zu lassen. Hintergrund ist entweder die fehlende emotionale Beziehung, weil der Erblasser nie mit dem Kind zusammengelebt hat und schon keine Beziehung aufgebaut wurde oder der Grund liegt in einem späteren Zerwürfnis. In jedem Fall muss der Wille in einem Testament geäußert werden, dass das Kind enterbt sein soll, denn sonst wird es nach der gesetzlichen Erbfolge ganz automatisch zum Erben. Aber selbst bei einer eindeutigen Enterbung hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen, dass das Kind leer ausgeht: Wenn nicht einer der wenigen und gesetzlich genau festgelegten Entzugsgründe wie z.B. eine körperliche Misshandlung des Erblassers oder eine böswillige Verletzung der Unterhaltspflicht vorliegt, hat das Kind einen Pflichtteilsanspruch. Liegt doch einmal ein Entzugsgrund vor, muss der Erblasser die Entziehung des Pflichtteils im Testament anordnen. Dabei empfiehlt es sich, den Grund detailliert darzulegen und dem Testament zum Beweis passende Unterlagen beizufügen. Das erleichtert es dem testamentarisch gewünschten Erben, nachzuweisen, dass der Pflichtteilsentziehungsgrund besteht.
Kann der Pflichtteil nicht entzogen werden, beläuft er sich auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils (zur Berechnung siehe Folge 1 dieser Serie). Übrigens nützt es auch nichts, kurz vor dem Tod alles zu verschenken, damit der Pflichtteilsanspruch möglichst gering ausfällt. Diesen „Trick“ kontert der Gesetzgeber, indem er dem Kind einen sog. Pflichtteilsergänzungsanspruch gewährt. Mehr dazu in den Folgen 9 und 10.