Erben und Vererben – Folge 9 von 10: Wie kriege ich meinen Pflichtteil? (Pflichtteil I)

Es passiert häufig. Und nicht selten ist es eine böse Überraschung: Der Verstorbene übergeht einen nahen Angehörigen oder enterbt ihn ausdrücklich. Doch wer zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten gehört – das sind v.a. Kinder, Ehepartner und manchmal die Eltern – muss nicht leer ausgehen. Ab Ende des Jahres, in dem dieser Personenkreis Kenntnis vom Vorfall erlangt, sind drei Jahre Zeit, um den Anspruch auf den Pflichtteil durchzusetzen.

Wie geht das in der Praxis? Zunächst werden die Erben aufgefordert, Auskunft über den Nachlass (Vermögen, Schulden, Kosten des Todesfalls) und über Anstandsschenkungen hinausgehende Schenkungen zu erteilen. Hierbei hat der Pflichtteilsberechtigte sogar Anspruch darauf, dass das Nachlassverzeichnis von einem Notar aufgenommen wird. Außerdem besteht ein Anspruch auf Wertermittlung der Nachlassgegenstände. Die Kosten hierfür darf der Erbe allerdings vom Nachlass in Abzug bringen.

Wenn feststeht, was „unterm Strich“ übrig bleibt, werden die Schenkungen des Erblassers mindestens seiner letzten 10 Lebensjahre abgestuft dem Nachlass hinzugerechnet (mehr dazu nächste Woche in Folge 10).

Von dem so ermittelten Wert kann der übergangene Erbe die Hälfte des gesetzlichen Erbteils verlangen. Diesen Betrag kann er notfalls vor Gericht durchsetzen. Gibt es mehrere Erben, kann sich der Pflichtteilsberechtigte aussuchen, ob er gegen einen – z.B. besonders zahlungskräftigen – oder mehrere Erben vorgeht. Bei mehreren Erben ist es Sache der Erbengemeinschaft, den ausgezahlten Pflichtteilsanspruch untereinander auszugleichen.