Zweifelhafte BGH-Entscheidung legt Neuberechnung nahe
Ganz am Rande einer Entscheidung hat der BGH, ob beabsichtigt oder nicht, eine Diskussion zu einer Neuberechnung des Trennungsunterhalts ausgelöst. Im Beschluss vom 29.09.2021 (Az. XII ZB 474/20) legen die Richter nahe, vom bisherigen Berechnungsschema abzuweichen. Bislang zahlt der Ehegatte, bei dem die Kinder nicht schwerpunktmäßig leben, Barunterhalt nach seinen eigenen Einkünften. Der Trennungsunterhalt wird dann aus dem Einkommen beider Ehegatten berechnet. Der Kindesunterhalt wird bei dem einen Elternteil vorab abgezogen.
Mehr Bedarf bei den Kindern….
Jetzt stellt der BGH die These auf, dass das Kind seinen Bedarf aus der Lebensstellung beider Eltern ableitet. Deshalb richte sich der Barbedarf nach dem Gesamteinkommen der Eltern. Hat das Kind, das bei der Mutter lebt, hiernach einen Geldbedarf von z.B. 800 €, ist der Vater aber nach seinem Einkommen nur verpflichtet, 500 € zu zahlen, sehen die Richter eine Lücke von 300 €. Diese soll und darf nun die Mutter schließen. Sie kann von Ihrem Einkommen die 300 € in Abzug bringen. Damit stellt sie für die Berechnung des Trennungsunterhalts 300 € weniger ein.
… mehr Unterhalt für die Mutter.
Die Folge ist, dass ihr Anspruch steigt, wenn sie selbst einen Anspruch hat oder sie weniger zahlen muss, wenn der Vater einen Anspruch auf Trennungsunterhalt hat.
Ob diese Interpretation richtig ist, wird der BGH irgendwann selbst zu entscheiden haben. Im Jahr 2017 gab es eine ähnliche Entscheidung, auf die er auch verweist. Diese wurde nicht so verstanden. Letztlich verkennt der BGH, dass die Eltern zwar grundsätzlich vor und nach der Trennung das gleiche Einkommen haben, aber der Lebensstandard trotzdem sinkt. Jede Trennung bringt erheblichen Mehraufwand mit sich. Ob es da gerechtfertigt ist, bei den Kindern so zu tun, als ob die gleichen Mittel zur Verfügung stehen? Bei Ehegatten ist anerkannt, dass der Bedarf, der mit der Trennung entsteht, nicht so hoch ist, dass der bisherige Lebensstandard garantiert ist. Praktische Verwerfungen wird es vor allem geben, wenn die Kinder beim Besserverdiener leben. Der Geringverdiener muss dann bis zum Selbstbehalt denn Kindesunterhalt zahlen und der Trennungsunterhalt schmilzt, weil auf Seiten des Besserverdieners noch ein deutlicher Abschlag von der Berechnungsgrundlage zu machen ist.
Fazit: Wer getrennt lebt, in der Ehe über ein gutes Familieneinkommen verfügte und die Kinder bei sich hat, kann sich finanziell besserstellen.