Bundesverfassungsgericht kippt Strafgesetz. Gesetzgeber jetzt gefordert.
Das Verfassungsgericht hat § 217 des Strafgesetzbuchs für nichtig erklärt. Hiernach war die „geschäftsmäßige“ Förderung der Selbsttötung verboten. Nach Auffassung der Richter greift die Vorschrift zu stark in das allgemeine Persönlichkeitsrecht ein. Dieses beinhaltet auch, selbstbestimmt zu entscheiden, sein Leben eigenhändig bewusst und gewollt zu beenden. Hierzu gehört die Freiheit, sich bei Dritten Hilfe zu suchen und Hilfe in Anspruch zu nehmen. Wenn allerdings die potentiellen Helfer mit Strafverfolgung rechnen müssen, führe dies zu einer faktischen Entleerung des Rechts auf Selbsttötung. Der Sterbewillige brauche bislang einen Arzt, der ihm die notwendigen Wirkstoffe verschreibe. Bei realistischer Betrachtungsweise seien Ärzte hierzu aber nur im Ausnahmefall bereit. Mit anderen Worten: Das Recht auf Selbsttötung ist von der Verfassung geschützt, aber der Gesetzgeber macht die Umsetzung unmöglich.
Dies bedeutet aber nicht, dass der Gesetzgeber professionelle Sterbehilfe unbeschränkt zulassen muss. Das Verfassungsgericht stellt klar, dass das Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung ein legitimes Ziel ist. Selbsttötung soll keine normale Form der Lebensbeendigung sein. Eine Regelung ist also möglich (oder sogar geboten?). Der Gesetzgeber kann – so listen die Verfassungsrichter beispielhaft auf – festgeschriebene Aufklärungs- und Wartepflichten einführen oder nur geprüfte Angebote für den assistierten Suizid zulassen. Er darf Verstöße gegen noch zu findende Regelungen auch mit Strafe bedrohen. Dem Gesetzgeber ist jedoch verboten, eine unheilbare Krankheit zur Bedingung für die Zulässigkeit der Sterbehilfe zu machen. Einen Nachweis der Ernsthaftigkeit und Dauerhaftigkeit des Sterbewillens kann der Gesetzgeber aber sehr wohl zur Bedingung machen.
Der Gesetzgeber muss nun kurzfristig handeln, um die vom Verfassungsgericht gesetzten Regelmöglichkeiten umzusetzen, sonst droht das Geschäft mit der Selbsttötung unkontrolliert und gefährlich zu werden.
Pressemitteilung des Verfassungsgerichts und Link zur Entscheidung finden Sie hier.