Im Rentenalter auf der Suche nach dem leiblichen Vater — Verfassungsgericht prüft Grenzen der Vaterschaftsfeststellung

DNA-Tests beeinflussen das Familienrecht. Eine heute 65 Jahre alte Frau war 1955 (damals war die Mutter für sie vor Gericht gezogen) rechtskräftig mit dem Versuch gescheitert, die Vaterschaft eines heute 88jährigen feststellen zu lassen. Die Beteuerungen der Mutter, dass der heute 88jährige der Erzeuger sei, reichten ebenso wenig wie die damalige Technik.

Heute weisen Abstammungsgutachten eine Wahrscheinlichkeit von mehr als 99,9 % aus. Von dieser technischen Entwicklung will die Frau profitieren und verlangte vor dem Familiengericht erfolglos die Einwilligung in die Untersuchung. Der Erfolg blieb aus, weil das BGB in § 1598a BGB festlegt, dass die leibliche Abstammung nur bei „rechtlichen Vätern“ überprüft werden kann. Die rechtliche Vaterschaft entsteht u.a. wenn ein Kind in eine Ehe hineingeboren wird.

Um trotz der eindeutigen gesetzlichen Regelung zum Erfolg zu kommen, zweifelt die Frau ihre Verfassungsmäßigkeit an. Sie sieht darin eine Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts, das auch das Recht beinhalte, die eigene Abstammung zu kennen. Das ist zwar richtig, doch ist das Recht nicht grenzenlos. Die Verfassungsrichter werden abzuwägen haben, wie sich dieses Recht zum Recht des mutmaßlichen biologischen Vaters verhält. Dieser (und alle anderen Männer) haben nämlich ebenfalls ein Persönlichkeitsrecht. Man kann sich relativ leicht ausmalen, wie eine Ehefrau und Kinder reagieren, wenn der Mann auf den Zuruf einer anderen Frau zum Gentest müsste. Ein Königsweg könnte darin liegen, die BGB-Vorschrift so zu interpretieren, dass ein Anspruch auf das Abstammungsgutachten besteht, wenn das Thema nicht in eine funktionierende Familie hingetragen wird.

Ein Termin für das Urteil im Verfahren 1 BvR 3309/13 haben die Verfassungsrichter in der Verhandlung am 24.11.2015 noch nicht festgelegt.