Wer enterbt wurde, kann die geistigen Fähigkeiten des Erblassers anzweifeln
Viele Menschen sterben erst in hohem Alter und überlegen sich noch kurz vor ihrem Tod, wer erben soll und verfassen ein entsprechendes Testament. Dabei geht das Haus, um ein gern bemühtes Beispiel zu nutzen, nicht an die Kinder, sondern an die Pflegekraft, die sich in den letzten Jahren gekümmert hat. Zwar gibt es Pflichtteilsansprüche, doch die bedeuten nur einen Geldanspruch und auch diesen im Vergleich zur Erbschaft deutlich reduziert.
Wirksamkeit beseitigen – Zerreißen ist keine Lösung
Wer ein Testament in Besitz hat, muss es bei Gericht abliefern, um sich nicht evtl. des Vorwurfs der strafbaren Urkundenunterdrückung ausgesetzt zu sehen. Er hat aber neben den üblichen Anfechtungsgründen – wie z.B. Testamentserrichtung unter Zwang – die Möglichkeit, die Testierfähigkeit anzugreifen. Im Rahmen des sog. Erbscheinverfahrens muss er vortragen, dass der Erblasser bei seiner letztwilligen Verfügung nicht mehr in der Lage war, die Konsequenzen seines Handelns zu überblicken. Doch die Hürden sind hoc. Wer eine solche Behauptung aufstellt, muss sie auch beweisen. Wer lange keinen Kontakt mehr mit dem Erblasser hatte, wird es nach der Rechtsprechung jedenfalls in Brandenburg schwer haben.
Chronischer Alkoholkonsum alleine reicht nicht aus. In diesen Fällen geht man erstmal davon aus, dass das Testament in einer Phase der Handlungs- und Urteilsfähigkeit erstellt wurde. Besser stehen die Chancen bei Demenz oder Schizophrenie. Bei tatsächlichen Anhaltspunkten wird das Nachlassgericht ein Sachverständigengutachten einholen. Der Sachverständige wird sich Krankenhaus- und Arztunterlagen ansehen und z.B. das Pflegepersonal befragen. Auch das Gericht kann Zeugen vernehmen.
Kommt das Gericht am Ende zur Überzeugung, dass Testierunfähigkeit vorlag, ist das Testament nichtig. Die Pflegekraft geht dann leer aus und die gesetzliche Erbfolge kommt zum Tragen – oder ein älteres Testament, soweit noch vorhanden, denn das wird dann wieder wirksam.