Was ist geplant beim Kindesunterhalt? Was passiert gerade?
Ende August 2023 war die mediale Aufmerksamkeit groß: Das Bundesministerium der Justiz hatte ein Eckpunktepapier vorgelegt. Dies war der erste Schritt zur Reform des Kindesunterhalts, die im Koalitionsvertrag angekündigt war. Danach wurde es still um das Thema. In Beratungsgesprächen und in Gerichtsverhandlungen ist die Reform immer mal wieder Thema. Alle Beteiligten wissen, dass die Betreuungsanteile irgendwie stärker berücksichtigt werden sollen. Das ist richtig und wichtig. Ansonsten sind alle Fragen offen. Tatsächlich ist seit der Vorstellung der Eckpunkte nichts Sichtbares passiert. Es gibt Anfang 2024 keinen Gesetzgebungsentwurf und erst recht gibt es kein Gesetzgebungsverfahren.
Betrachtet man sich die Eckpunkte, ist eines klar: das Unterhaltsrecht wird deutlich komplizierter. Bei einem Betreuungsanteil zwischen 30 % und 49 % soll eine Entlastung des bauunterhaltspflichtigen Elternteils stattfinden (also ab 5 Übernachtungen in 14 Tagen). Hierzu werden Gerichte, Jugendämter und Anwälte zukünftig – wie beim paritätischen Wechselmodell – die Einkommen beider Eltern miteinander verrechnen müssen. Bis der konkrete Zahlbetrag ersichtlich wird, sind sechs Rechenschritte erforderlich. Praktisch stehen alle vor der Herkulesaufgabe, den genauen Betreuungsanteil zu ermitteln. Oft ist dieser umstritten. Während heute Übernachtungen das entscheidende Kriterium sind, denkt das BMJ auch hier über eine neue Lösung nach: Erbringt ein Elternteil die Betreuungsleistung nur tagsüber, sollen auch andere Kriterien (Betreuung des kranken Kindes, Freizeitorganisation, Termine beim Arzt und in der Schule) für die prozentuale Einordnung der Betreuungsleistung Bedeutung haben. Diese Ermittlung und Bewertung wird erhebliche Herausforderungen für alle Familienrechtler mit sich bringen.