Überleitung des Pflichtteilsanspruchs auf den Sozialhilfeträger

Darf mein Pflichtteilsanspruch gegen meinen Willen eingefordert werden?

Als Sozialhilfeempfänger ist man verpflichtet, Einkommen und Vermögen vorrangig einzusetzen. Dies gilt nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 08.12.2004 (Az. IV ZR 223/03) auch für den Pflichtteilsanspruch. Sobald Ihnen ein Pflichtteilsanspruch zusteht und Sie Sozialleistungen erhalten, kann der Sozialhilfeträger diesen Pflichtteilsanspruch auf sich überleiten. Das bedeutet, dass der Sozialhilfeträger diesen Anspruch in eigenem Namen geltend macht. Er zieht dieses Geld bei der Berechnung Ihrer Sozialleistungen heran. Dadurch kann Ihr Anspruch auf Zahlung von Sozialleistungen gekürzt werden oder sogar entfallen.

Pflichtteil und Sozialamt – wie gewonnen so zerronnen // Bild von Steve Buissinne auf Pixabay

Hierbei haben Sie nicht die Wahl, ob Sie überhaupt von Ihrem Pflichtteilsrecht Gebrauch machen wollen. Der Sozialhilfeträger entscheidet selbst, ob er den Anspruch geltend macht. Mit diesem Urteil hat sich der Bundesgerichthof gegen den Grundgedanken des § 852 ZPO gewandt, nach dem ein Pflichtteilsberechtigter über die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs selbst entscheiden darf. Denn solange der Anspruch nicht vertraglich geregelt oder rechtshängig ist, kann er auch nicht gepfändet werden. Der Bundesgerichtshof begründet dies damit, dass dem Sozialhilfeträger als „Helfer“ des Sozialhilfeempfängers eine andere Rolle als anderen Gläubigern zukommt. Diese Entscheidung wird von vielen Seiten kritisiert. Sie benachteiligt andere Gläubiger, und dem Pflichtteilsberechtigten die Wahl genommen wird, den Anspruch nicht geltend zu machen.

Im Ergebnis führt die Entscheidung des Bundesgerichtshofs dazu, dass der Sozialhilfeträger gegen Ihren Willen Ihren Pflichtteilsanspruch gegen den Erben geltend machen kann. Beachten Sie dies bei der Errichtung von Testamenten.