„Mehr Fortschritt wagen“ – auch im Familienrecht?

Ein erster Blick in den Koalitionsvertrag der „Ampel“

Vor der Wahl hatten wir Ihnen die Wahlprogramme vorgestellt (Links siehe unten). Jetzt wissen wir, was daraus geworden ist. Auf den Seiten 101 und 102 des Koaltionsvertrages finden sich Ideen, mit dem die Koalition ihr Ziel „das Familienrecht [zu] modernisieren“ erreichen will.

Patchwork-Verbindungen sollen gestärkt werden. Bislang kennt das BGB das „kleine Sorgerecht“ für Entscheidungen des täglichen Lebens. Es hat wenig Bedeutung, da es nur für den Ehegatten des alleinsorgeberechtigten Elternteils gilt. Etwas Vergleichbares soll es pro Kind für bis zu zwei Erwachsene geben. Eine Verantwortungsgemeinschaft soll eine Alternative zur Ehe werden. Im Wahlprogramm hatte die SPD auf den französischen PACS als Vorbild verwiesen.

Die franzöische Verantwortungsgemeinschaft heißt PACS. Und das Verb dazu heißt „se pacser“

Sprengstoff und Gerechtigkeit steckt im Plan, „im Unterhaltsrecht die Betreuungsanteile“ besser zu berücksichtigen. Heute ist der Unterhaltsanspruch unabhängig von der Frage, ob der zahlungspflichtige Elternteil das Kind gar nicht betreut oder das Kind in einem Zeitraum von 14 Tagen sechs Tage bei ihm ist. Und außerdem noch die Hälfte der Ferien. Erst beim Wechselmodell mit exakt gleicher Betreuung reduziert sich der Unterhalt – und zwar erheblich. Dies empfinden vor allem engagierte Väter als ungerecht. Kommt die Änderung, wird es, weil es ums Geld gibt, ein Feilschen um jeden Umgangstag geben. Denn mehr Umgang bedeutet dann keine finanzielle Entlastung mehr, sondern gleichzeitiger Unterhaltsverlust.

Einige weitere Punkte: Ein Kind, das in eine Ehe zweiter Frauen geboren wird, soll zwei rechtliche Mütter haben. Zu klären bleibt, welche Rolle der Erzeuger spielen wird. Adoptionen sollen auch außerhalb der Ehe möglich werden. Die Elternschaftsanerkennung soll vereinfacht werden. Änderungen im Namensrecht sollen kommen. Die Koalition will z.B. echte Doppelnamen einführen.

Nachdem sich in den letzten Jahren wenig verändert hat, könnte es zu Neuerungen kommen. Ob alles, was angedacht ist, „Fortschritt“ ist, wird jeder für sich selbst beantworten müssen.