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Familienrecht: Und plötzlich ist das Kind weg

Familienrecht: Was tun bei überlangem Scheidungsverfahren?
Zugewinnverfahren kann gegen den Willen eines Ehegatten abgetrennt werden.
Die Frage nach der Dauer des Scheidungsverfahrens ist nur schwierig zu beantworten. Wenn sich die Eheleute keine Steine in den Weg legen und die Rentenversicherung die Auskünfte zeitnah erteilt, kann es in wenigen Monaten erledigt sein. Oftmals will aber ein Ehegatte überhaupt nicht geschieden werden. Der Grund ist häufig, wie so oft im Leben, das Geld. Wenn ein hoher Trennungsunterhalt fließt, versiegt diese Quelle bei Rechtskraft der Scheidung. Nachehelicher Unterhalt kann hingegen oft nicht beansprucht werden. Richtig in die Länge ziehen können sich Verfahren, wo ein Ehegatte einen Zugewinnausgleichsanspruch im sog. Verbund geltend macht. Das Gericht darf nämlich erst dann über die Scheidung entscheiden, wenn der Zugewinn geklärt ist.
Ein bislang eher wenig beachteter Weg ist, denn Zugewinn aus dem Scheidungsverbund herauszulösen. Dies gelingt, wenn die Eheleute den Güterstand vorzeitig beenden. Nach dreijähriger Trennung besteht hierauf ein Anspruch. Weigert sich der Ehegatte hier mitzumachen, kann die Zustimmung gerichtlich durchgesetzt werden und zwar unabhängig vom Scheidungsverfahren. Ist der Beschluss dann rechtskräftig, wird das Scheidungsverfahren ohne den Zugewinnausgleich weitergeführt. Dieser in der juristischen Literatur beschriebene Weg findet sich nun in einer Entscheidung des AG München vom 20.07.2020 wieder (Az. 545 F 395/20). Obergerichtliche Rechtsprechung gibt es noch nicht. Denkbar ist deshalb, dass Oberlandesgerichte den Verbund trotzdem beibehalten werden, auch wenn das Gesetz dies nicht nahelegt. Voraussetzung ist jedoch in jedem Fall eine mindestens dreijährige Trennung der Ehegatten.
Gesetzgebung: Ehegattenvertretung bei der Gesundheitssorge?
Entwurf des Justizministeriums will Vollmacht überflüssig machen
Ein Ehegatte kann den anderen Ehegatten nicht von Gesetzes wegen vertreten, auch wenn das viele glauben. Dies gilt selbst dann, wenn ein Ehegatte aufgrund einer schweren Erkrankung sich nicht mehr selbst um seine Dinge kümmern kann. Es bedarf hierfür einer ausdrücklichen Vollmacht, meist als Vorsorgevollmacht bezeichnet. Fehlt diese, muss im Notfall ein Betreuer vom Gericht bestellt werden.
Das Bundesjustizministerium hat am 23.06.2020 einen Gesetzentwurf vorgelegt. Im „Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts“ ist ein neuer § 1358 BGB geplant. Er soll dem Ehegatten im Falle von Bewusstlosigkeit oder einer Krankheit, die es ausschließt sich selbst zu kümmern, ermöglichen zu entscheiden. Der Ehegatte soll in Untersuchungen einwilligen und über Heilbehandlungen entscheiden dürfen und die dazu erforderlichen Verträge mit Ärzten und Krankenhäusern schließen. Auch Ansprüche gegenüber Krankenkassen dürfen geltend gemacht werden. Ärzte sind gegenüber dem Ehegatten von ihrer Schweigepflicht entbunden.
Das Vertretungsecht soll nicht gelten, wenn die Ehegatten getrennt leben. Ebenso verhält es sich, wenn die Ablehnung der Vertretung durch den anderen Ehegatten bekannt ist oder ein Vorsorgevollmacht zugunsten einer dritten Person im Bereich der Gesundheitsvorsorge besteht.
Wird dieser Vorschlag Gesetz werden? Das lässt sich noch nicht absehen. Bislang sind rund 75 Stellungnahmen zum Entwurf beim Ministerium eingegangen. Denkbar erscheint, dass die Regierung eine überarbeitete Fassung ins Parlament bringt. Ob die Zeit bis zur nächsten Bundestagswahl ausreicht, um das Gesetz zu beschließen, bleibt abzuwarten. Die Vorsorgevollmacht, am besten gekoppelt mit einer Patientenverfügung, bleibt die beste Wahl für den gesundheitlichen Notfall, egal ob die gesetzliche Regelung kommt oder nicht.
Jetzt doch: Unterhaltszahler profitiert vom 300 €-Corona-Kinderbonus
Kürzung der Unterhaltszahlungen sind zulässig
Im September 2020 zahlt der Staat 200 € und im Oktober noch einmal 100 €. Mit dem Kindergeld kommt der Corona-Bonus zur Auszahlung. Als die Bundesregierung die Zuwendung beschlossen hatte, deutete vieles darauf hin, dass die Zahlung ausschließlich dem betreuenden Elternteil zugutekommen soll. Auch wendelmuth Rechtsanwälte hat die Eckpunkte so verstanden (vgl. unseren Beitrag von Juni hier). Nun aber liegt das Gesetz vor (2. Corona-Steuerhilfegesetz) und dieses sieht ausdrücklich vor, dass beide Elternteile profitieren sollen. Aus der Beschlussempfehlung Finanzausschuss 19-20332 v. 24.06.2020 – Kindergeld Corona Bonus, dort Seite 28, die dann Gesetz wurde, ergibt sich, dass die Regierungsparteien es gerne anders gemacht hätten. Aus dem Familienministerium gab es jedoch Bedenken: Es könnte sich um eine unzulässige Ungleichbehandlung handeln. Deshalb wird die Zahlung nun hälftig geteilt.
Alle Unterhaltspflichtigen, die Mindestunterhalt nach Düsseldorfer Tabelle zahlen („100 %“, je nach Alter des Kindes 267 bis 395 €), dürfen im September 100 € weniger überweisen und im Oktober immerhin noch um 50 € kürzen. Wer weniger als den Mindestunterhalt zahlt, darf die vollen 100 € bzw. 50 € nicht einbehalten, sondern muss jedenfalls den Betrag zahlen, den ein Mindestunterhaltszahler zu zahlen hat (bei einem 3-jährigen Kind z.B. 267 € – 100 € im September = 167 €). Wichtig ist, die Unterhaltszahlung pünktlich anzupassen. Wer z.B. im November auf einen Schlag 300 € nachträglich einbehält, wird damit scheitern, wenn es hart auf hart kommt. Wie immer gilt im Familienrecht: Kommunizieren Sie die Kürzung der Unterhaltszahlung vorher, um Streit zu vermeiden. Und wer den Unterhalt kürzt und es sich leisten kann, sollte die „Ersparnis“ gemeinsam mit dem Kind „auf den Kopf hauen“ und die Volkswirtschaft stärken.
Ergänzung vom 29.09.2020: „Eingesparter“ Unterhalt erhöht die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen. Die gesteigerte Leistungsfähigkiet kann sich an anderer Stelle auswirken: Z.B. beim Anspruch auf staatliche Leistungen, die sinken können, oder auch beim Trennungsunterhalt.