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Erben und Vererben – 10. und letzte Folge: Erben und Schenken (Pflichtteil II)

Serie Erben und Vererben

10. und letzte Folge: Erben und Schenken (Pflichtteil II)

Schenkungen, die der Erblasser Dritten vor seinem Tod gemacht hat und die nicht als sog. Anstandsschenkungen (Geburtstag, Hochzeitstag etc.) zu qualifizieren sind, werden dem Nachlass, über den der Erbe Auskunft zu erteilen hat, hinzugerechnet und dabei mit dem Wert in Ansatz gebracht, den der verschenkte Gegenstand zum Zeitpunkt der Schenkung bzw. zum Zeitpunkt des Erbfalls hatte, je nachdem, welcher Wert niedriger ist. Für jedes volle Jahr, das nach der Schenkung bis zum Erbfall vergangen ist, werden 10 % vom Wert der Schenkung abgezogen. Sind über 10 Jahre bis zum Todesfall vergangen, bleibt die Schenkung unberücksichtigt. Anderenfalls besteht bezüglich der so ermittelten und dem Nachlass hinzugerechneten Schenkungswerte ein Pflichtteilsergänzungsanspruch.

Wichtig ist, zu beachten, dass, wenn die Schenkung an den Ehegatten des Erblassers erfolgt ist, die 10-Jahres-Frist nicht vor der Auflösung der Ehe zu laufen beginnt. Waren die Eheleute bis zum Tod des einen verheiratet, sind folglich sämtliche über Anstandsschenkungen hinausgehende Schenkungen relevant.

Allerdings muss sich der Pflichtteilsberechtigte auf seinen Pflichtteil anrechnen lassen, was ihm von dem Erblasser zu dessen Lebzeiten (z.B. als Schenkung oder Schenkungsversprechen, Ausstattung oder Bezahlung von Schulden) mit der Bestimmung zugewendet wurde, dass es auf den Pflichtteil angerechnet werden soll. Für die Berechnung wird der Wert der Zuwendung zum Zeitpunkt der Zuwendung dem Nachlass hinzugerechnet, die Zuwendung vom so errechneten Pflichtteil aber wieder abgezogen.

Ähnliches gilt übrigens auch, wenn der Pflichtteilsberechtigte – ohne Anrechnungsbestimmung – vom Erblasser beschenkt worden war.

Erben und Vererben – Folge 9 von 10: Wie kriege ich meinen Pflichtteil? (Pflichtteil I)

Es passiert häufig. Und nicht selten ist es eine böse Überraschung: Der Verstorbene übergeht einen nahen Angehörigen oder enterbt ihn ausdrücklich. Doch wer zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten gehört – das sind v.a. Kinder, Ehepartner und manchmal die Eltern – muss nicht leer ausgehen. Ab Ende des Jahres, in dem dieser Personenkreis Kenntnis vom Vorfall erlangt, sind drei Jahre Zeit, um den Anspruch auf den Pflichtteil durchzusetzen.

Wie geht das in der Praxis? Zunächst werden die Erben aufgefordert, Auskunft über den Nachlass (Vermögen, Schulden, Kosten des Todesfalls) und über Anstandsschenkungen hinausgehende Schenkungen zu erteilen. Hierbei hat der Pflichtteilsberechtigte sogar Anspruch darauf, dass das Nachlassverzeichnis von einem Notar aufgenommen wird. Außerdem besteht ein Anspruch auf Wertermittlung der Nachlassgegenstände. Die Kosten hierfür darf der Erbe allerdings vom Nachlass in Abzug bringen.

Wenn feststeht, was „unterm Strich“ übrig bleibt, werden die Schenkungen des Erblassers mindestens seiner letzten 10 Lebensjahre abgestuft dem Nachlass hinzugerechnet (mehr dazu nächste Woche in Folge 10).

Von dem so ermittelten Wert kann der übergangene Erbe die Hälfte des gesetzlichen Erbteils verlangen. Diesen Betrag kann er notfalls vor Gericht durchsetzen. Gibt es mehrere Erben, kann sich der Pflichtteilsberechtigte aussuchen, ob er gegen einen – z.B. besonders zahlungskräftigen – oder mehrere Erben vorgeht. Bei mehreren Erben ist es Sache der Erbengemeinschaft, den ausgezahlten Pflichtteilsanspruch untereinander auszugleichen.

Erben und Vererben – Folge 8 von 10: Wie komme ich an mein Erbe?

„Ich bin Erbe!“ – Oft stimmt diese Aussage, aber niemand wird Ihnen einfach so Geld auszahlen. Erbe zu sein könnte ja jeder von sich behaupten. Darum hat der Gesetzgeber Regeln erlassen, damit das Erbe an die richtige Stelle gelangt. Regelmäßig ist ein Erbschein zu beantragen. Der Erbschein ist der Ausweis, mit dem Sie Ihre Erbenstellung belegen können – und unter Umständen müssen: Wenn Sie Immobilienvermögen geerbt haben und das Grundbuch ändern lassen wollen, kann das Grundbuchamt selbst bei Vorlage eines notariellen Testaments auf die Vorlage eines Erbscheins bestehen, wenn Ihre Erbenstellung zweifelhaft ist, z.B. wenn es sich um ein sehr altes Testament handelt, das der Erblasser zwischenzeitlich widerrufen haben könnte. Binnen zwei Jahren nach dem Erbfall entstehen für die Grundbuchänderung übrigens keine Gerichtsgebühren. Bei Bankguthaben sind die Anforderungen an den Beleg der Erbenstellung weniger streng. Die Kreditinstitute handhaben dies in der Praxis recht unterschiedlich.

Oft sind erste Gegenstände aus dem Nachlass schnell verteilt, z.B. weil ein Kind oder Pflegepersonal, sie an sich nimmt, oft in der irrigen Annahme, selbst Erbe zu sein. Solches „Faktenschaffen“ braucht der tatsächliche Erbe nicht zu dulden. Er kann die Herausgabe verlangen und seinen Erbschaftsherausgabeanspruch sogar gerichtlich durchsetzen. Bilden mehrere Erben eine Erbengemeinschaft, kann der einzelne Erbe die Herausgabe verlangen, aber solange diese Gemeinschaft (vgl. Folge 6) besteht, nur an alle Miterben gemeinsam. Alternativ kommt eine Hinterlegung beim Amtsgericht in Betracht.

Erben und Vererben – Folge 7 von 10: Soll ich die Erbschaft ausschlagen?

Meistens bedeutet Erben ein Plus in der eigenen Kasse. Aber das muss nicht zwangsläufig der Fall sein.  Deshalb muss sich der Erbe innerhalb der sechswöchigen Ausschlagungsfrist genaue Kenntnis über die Zusammensetzung des Nachlasses verschaffen. Ist der Nachlass überschuldet, ist die Ausschlagung der sicherste Weg, einen Durchgriff der Gläubiger in das eigene Vermögen zu vermeiden. Doch selbst wenn die Erbschaft angenommen wird und sich die Überschuldung des Nachlasses erst später herausstellt, ist nicht alles verloren: Neben der Nachlassverwaltung und der Nachlassinsolvenz, bei denen die Haftung auf den Nachlass beschränkt wird, hat der Erbe die Möglichkeit, innerhalb neuer sechs Wochen die Annahme der Erbschaft anzufechten und deren Ausschlagung zu erklären. Zu beachten ist allerdings, dass hierfür ein Anfechtungsgrund erforderlich ist. Hier greift die Unkenntnis der Überschuldung, nicht jedoch ein Irrtum über die Zusammensetzung des Nachlasses. Will der Erbe die Erbschaft annehmen, weil z.B. ein bebaubares Seegrundstück vermutlich zur Nachlassmasse gehört, muss er dies während der Ausschlagungsfrist klären. Stellt sich die Fläche als sumpfige Wiese fernab jeder Ortschaft heraus, hat der Erbe Pech gehabt.

Bei einem geringwertigen Nachlass sollte darüber hinaus geklärt werden, ob der Erbe alleine erbt oder mit anderen Erben gemeinsam. Da – insbesondere bei Miterben im Ausland – die Abwicklung nervenaufreibend und kostspielig werden kann, ist ein Verzicht auf eine niedrige Auszahlung möglicherweise vorzugswürdig gegenüber jahrelangem Streit.

Erben und Vererben – Folge 6 von 10: Was macht eine Erbengemeinschaft?

Egal ob der Erblasser ein Testament gemacht hat oder die gesetzliche Erbfolge gilt: Mehrere Erben bilden eine sogenannte Erbengemeinschaft. Das Vermögen des Verstorbenen geht als Ganzes auf die Erben über. Vererbt der Erblasser z.B. 100.000 Euro, gehören nicht automaisch jedem der beiden Erben 50.000 Euro, sondern beiden zusammen die ganze Summe. Kein Erbe kann einzelne Nachlassgegenstände für sich beanspruchen, selbst wenn sie zusammen genommen exakt dem Wert seines Erbteils entsprechen. Die Erbengemeinschaft muss das Vermögen zur Auseinandersetzung deshalb verteilen: Teilbare Gegenstände, wie z.B. Bankguthaben, werden entsprechend der Anteile zugeordnet. Ist eine Teilung nicht möglich, wie z.B. bei einer Immobilie, wird der gemeinschaftliche Gegenstand verkauft und der Erlös geteilt. Selbstverständlich kann auch innerhalb der Erbengemeinschaft verkauft werden. Die Miterben werden dann einfach ausbezahlt. Eine Veräußerung an einen Dritten ist allerdings nur mit Zustimmung aller Miterben möglich. Hier kommt es oft zum Streit, weil einzelne Erben z.B den erzielbaren Kaufpreis als zu niedrig ansehen. In diesem Fall kann jeder Miterbe einen Antrag auf Versteigerung bei Gericht einreichen. Die Erben teilen sich dann den Versteigerungserlös. Ein solches Vorgehen ist jedoch wirtschaftlich oft nur die zweitbeste Lösung. Wenn alle Erben sich einig sind, spricht natürlich auch nichts dagegen, als Erbengemeinschaft eine Immobilie gemeinsam zu vermieten. Das kann zum Dauerzustand werden, denn die Erben sind nicht verpflichtet, die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft zu bewirken.