Eine Lebensversicherung soll die nahen Angehörigen im Todesfall absichern. So hatte es auch der Ehemann vorgesehen, als er nach der Heirat seine Ehefrau als Berechtigte beim Versicherer eintragen ließ. Das war in den Neunzigerjahren. Jahre später ging die Ehe in die Brüche. Der Ehemann orientierte sich neu und heiratete ein zweites Mal. Die Lebensversicherung bestand fort. Deshalb rief er bei der Lebensversicherung an und wies darauf hin, dass seine neue Frau, wenn sie Witwe wird, das Geld bekommen solle. Dann starb der Mann.
Der Bundesgerichtshof (Az. IV ZR 437/14 vom 22. Juli 2015) hatte zu entscheiden, ob die Lebensversicherung über 30.000,00 € zu Recht an die erste Frau ausgezahlt worden war. Er hat dies bejaht. Wer die Person ändern will, die das Bezugsrecht an der Lebensversicherung haben soll, muss dies schriftlich erledigen. Weil es im konkreten Fall hieran fehlte, ist die geschiedene Frau als „verwitweter Ehegatte“ anzusehen, weil sie im Zeitpunkt der Festlegung der Begünstigung Ehegatte war.
Die Vorinstanzen hatten das noch anders als der BGH gesehen. Sie hatten der zweiten Frau Recht gegeben. Die Richter beim Oberlandesgericht hatten argumentiert, dass Witwe nur sein könne, wer zum Zeitpunkt des Todes mit dem Verstorbenen verheiratet gewesen sei. Es kann also nur eine geben. Die obersten Richter wollen den Begriff „Witwe“ jedoch nicht so eng sehen. Ein (Ex)Ehemann kann bei seinem Ableben demzufolge einen ganzen Strauß Witwen hinterlassen. Die Lebensversicherung bekommt aber nur eine von ihnen.
Aktuelles
Neuigkeiten aus Rechtsprechung und Gesetzgebung, Aktuelles aus unserer Kanzlei und Veranstaltungshinweise.
Veranstaltungshinweis: Rechtsanwältin Wendelmuth informiert anlässlich des Welt-Alzheimertages „Demenz – vergiss mich nicht“
„Mein Wille gilt, auch wenn ich nicht mehr entscheide“ – das ist das Motto, unter das die Falkenseer Rechtsanwältin Agnes D. Wendelmuth ihren Vortrag stellt. Der Vortrag ist Bestandteil der Nauener Veranstaltungswoche zum Thema Alzheimer. Die Spezialistin für Vorsorgefragen erläutert, was jedermann rechtzeitig tun kann, bevor er aufgrund von Alter und Krankheiten wie z.B. Alzheimer nicht mehr in der Lage ist, überlegte Entscheidungen zu treffen.
- Wie stelle ich eine medizinische Behandlung sicher, die ich mir wünsche?
- Wann wird ein Betreuer bestellt? Wie lässt sich die Bestellung eines Betreuers vermeiden?
- Was wollen Angehörige wissen, wenn Sie Aufgaben übernehmen?
- Wie bevollmächtige ich einen Dritten so, dass er tatsächlich meine Interessen wahrnehmen kann?
Im Rahmen eines Vortrags werden die vorstehenden Fragen beantwortet. Und natürlich besteht auch die Möglichkeit, der Falkenseer Fachanwältin für Erbrecht und für Familienrecht eigenen Fragen zu stellen.
Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
Termin: Dienstag, den 22. September 2015, 16 Uhr
Ort: Stadtbibliothek Nauen, Ketziner Str. 1, 14641 Nauen
Den Flyer zur Nauener Veranstaltungswoche finden Sie unter https://daten.verwaltungsportal.de/dateien/veranstaltungen/1/6/7/4/4/1/2/150910_flyer_weltalzheimertag.pdf
Seit 1994 finden am 21. September in aller Welt vielfältige Aktivitäten statt, um die Öffentlichkeit auf die Situation der Alzheimer-Kranken und ihrer Angehörigen aufmerksam zu machen. Weltweit sind etwa 46 Millionen Menschen von Demenzerkrankungen betroffen, zwei Drittel davon in Entwicklungsländern. Der Welt-Alzheimertag wird von der Dachorganisation Alzheimer’s Disease International (London) (www.alz.co.uk) weltweit unterstützt (Quelle: Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. – https://www.deutsche-alzheimer.de/termine/welt-alzheimertag.html)
Der Versuch, Leiden zu beenden führt zum Verlust der Erbschaft — Fehlende Patientenverfügung zieht Strafverfolgung nach sich.
Seit fünfzehn Jahren hat die Ehefrau Alzheimer, seit 10 Jahren lebt sie in einem Pflegeheim, seit 9 Jahren wird sie über eine Magensonde künstlich ernährt, eine verbale Kommunikation ist schon lange nicht mehr möglich. Der Ehemann ist rechtlicher Betreuer, wurde über die Situation depressiv und hat einen Selbstmordversuch hinter sich. Er hält es nicht mehr aus und schneidet den Schlauch zur Magensonde mit einer Schere durch. Nach erfolgreicher Rettung stirbt die Frau bald an einer Lungenentzündung. Strafrechtlich ist das ein Totschlag (minderschwerer Fall). Erbrechtlich begründet der Tötungsversuch Erbunwürdigkeit. Der Ehemann sollte Alleinerbe sein. Er geht leer aus, weil das Gesetz bei Erbunwürdigkeit so tut, als ob der Erbe nicht leben würde. Nur die drei Kinder erben.
Diesen tragischen Fall hatte der Bundesgerichtshof zu entscheiden (Urteil vom 11.3.2015 – IV ZR 400/14). Der Abbruch lebensverlängernder Maßnahmen ist nur zulässig, wenn der Betreuer eine Genehmigung des Betreuungsgerichts einholt oder eine Patientenverfügung vorliegt. Beides fehlte. Die Erbunwürdigkeit ist die zwingende Folge des Totschlags (oder seines Versuchs). Die nachvollziehbare Motivation, das Leiden zu beenden, ist ohne Bedeutung. Das Gesetz will nicht, dass jemand erbt, der das Leben eines anderen in strafbarer Weise beendet hat. Eine Ausnahme gibt es nur bei der Tötung auf Verlangen, die hier nicht vorliegt. Die Frau konnte sich nicht mehr äußern.
Der Griff zur Schere ist sicherlich die Ausnahme; die Erbunwürdigkeit beschäftigt Gerichte auch eher selten. Aber einmal mehr wird deutlich, wie wichtig eine Patientenverfügung ist, vor allem wenn eine schwere Krankheit diagnostiziert oder das Seniorenalter erreicht ist.
Familienrecht: Was genau ist eigentlich die „Düsseldorfer Tabelle“? — Neufassung Anfang August 2015 in Kraft getreten
Wenn es um Kindesunterhalt geht, ist auch meistens von der „Düsseldorfer Tabelle“ die Rede. Doch was dahinter steckt, wissen nur die Wenigsten. Die Tabelle ist kein Gesetz und deshalb rechtlich nicht verbindlich. Die faktische Verbindlichkeit ist hingegen umso größer. Vor mehr als fünfzig Jahren haben sich die Richter am Oberlandesgericht Düsseldorf entschieden, die Höhe des Kindesunterhalts zu standardisieren. Sie ermittelten, welchen Bedarf ein Kind im jeweiligen Alter hat und bestimmten unter Berücksichtigung des Einkommens des Zahlungspflichtigen den Anspruch auf Barunterhalt.
Von Düsseldorf aus startete die Tabelle des OLGs ihren Siegeszug. Heute wird sie von allen Gerichten bei der Berechnung des Unterhalts zugrunde gelegt. Die verschiedenen Oberlandesgerichte ergänzen sie lediglich mit eigenen Leitlinien.
Die Düsseldorfer Tabelle hat seit Anfang August 2015 eine neue Fassung, mit der der Unterhaltsanspruch erstmals seit 2010 nach oben angepasst wurde. Auslöser hierzu war die Erhöhung des Kinderfreibetrags im Einkommenssteuergesetz. Der Mindestunterhalt beträgt nun in der ersten Altersstufe (bis zum sechsten Geburtstag) 328,00 € (vorher 317,00 €). In Altersstufe 2 (bis zum 12. Geburtstag) steigt er von 364,00 € auf 376,00 €, in der dritten Stufe (bis zur Volljährigkeit) von 426,00 € auf 440,00 €, bei erwachsenen Kindern von 488,00 € auf 504,00 €. Das Kindergeld wird auf diesen Betrag zur Hälfte (bei Minderjährigen) bzw. vollständig (bei Volljährigen) angerechnet.
Die rückwirkende Kindergelderhöhung zum 1. Januar 2015 kommt aufgrund gesetzlicher Regelung den Unterhaltszahlern in 2015 nicht zugute. Die nächste Änderung der Düsseldorfer Tabelle wird es zum 1. Januar 2016 geben, denn dann steigen die Kinderfreibeträge bei der Einkommenssteuer erneut an. Das OLG Düsseldorf hat die Überarbeitung bereits angekündigt.
Die Europäische Erbrechtsverordnung (Teil 2 von 2) — Welches Erbrecht gilt für wen? Und kann ich das selbst beeinflussen?
Die Europäische Erbrechtsverordnung setzt auf die Nachlasseinheit: In den Mitgliedstaaten (außer Großbritannien, Irland und Dänemark sind alle dabei) richtet sich das Erbrecht nach dem Recht des letzten gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers, wenn er kein Testament hat. Hat er ein Testament, kommt es auf den gewöhnlichen Aufenthaltsort zum Zeitpunkt der Errichtung an. So können Rentner, die den Ruhestand auf Mallorca genießen, plötzlich spanischem Erbrecht unterliegen. Bislang war die Staatsangehörigkeit relevant und der Ort, an dem sich das vererbte Vermögen befand.
Der Erblasser kann jedoch bestimmen, dass er nach seinem Heimatrecht beerbt werden will. Die Wahl sollte ausdrücklich erfolgen, indem Sie eine entsprechende Klausel ins Testament bzw. in den Erbvertrag aufnehmen. Dies vermeidet Streitigkeiten über das geltende Recht Wenn die Rechtswahl fehlt, wird das Testament interpretiert. Dies geschieht dann, bezogen auf unser Beispiel, nach spanischem Recht. Eine Rechtswahl ist zum Beispiel bei einem gemeinschaftlichen Testament unumgänglich, wenn der gewöhnliche Aufenthalt in einem Mitgliedstaat liegt, der gemeinschaftliche Testamente (Hauptfall: Berliner Testament) nicht anerkennt – wie z.B. Spanien, Frankreich und Italien.
Neu ist auch die Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses. Damit setzt der europäische Gesetzgeber einen Meilenstein in der Rechtsentwicklung. Es stellt eine Alternative zum deutschen Erbschein dar, mit dem Erben Ihre Legitimation nachweisen. Das Europäische Nachlasszeugnis können, anders als den deutschen Erbschein, auch Vermächtnisnehmer bekommen, um die Berechtigung an einzelnen Nachlassgegenständen nachzuweisen. Die Wirkung des neuen Nachlasszeugnisses ist auf sechs Monate befristet, eine Verlängerung ist jedoch möglich.
Die Europäische Erbrechtsverordnung (Teil 1 von 2) — Neue Regelungen für Todesfälle seit dem 17. August 2015
Europa hat 27 Staaten und 27 Erbrechte. Die Europäische Erbrechtsverordnung regelt nun für die meisten Mitgliedsstaaten der EU, wie welches Recht bei Nachlassvermögen im EU-Ausland angewendet wird. Außerdem soll durch gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen der Justizbehörden die Durchsetzung von Ansprüchen im Ausland vereinfacht werden.
Die Europäische Erbrechtsverordnung gibt es zwar schon seit August 2012. Sie hat aber bisher kaum interessiert, weil sie erst nach einer 3-jährigen Übergangszeit verbindlich wurde. Sie ist anwendbar auf Todesfälle, die seit dem 17. August 2015, 0 Uhr, eintreten.
Die Verordnung gilt für die „Rechtsnachfolge von Todes wegen“. Der europäische Gesetzgeber meint damit alle zivilrechtlichen Aspekte des Übergangs von Vermögenswerten, Rechten und Pflichten im Todesfall. Mit anderen Worten: Sowohl Testamente und Erbverträge sind erfasst als auch Fälle, in denen die gesetzliche Erbfolge gilt.
Ist der Anwendungsbereich eröffnet, werden ganz unterschiedliche Bereiche dem Erbrecht eines Staates zugeordnet: Dazu gehören z.B. die Bestimmung der Nachlassberechtigten, die Annahme und Ausschlagung der Erbschaft, die Haftung für Nachlassverbindlichkeiten und das Pflichtteilsrecht. Nicht erfasst werden hingegen unter anderem unentgeltliche Zuwendungen wie Lebensversicherungen und Sparbücher zugunsten Dritter auf den Todesfall. Auch das eheliche Güterrecht, das einen Zugewinn im Todesfall vorsieht, liegt außerhalb des Anwendungsbereichs.
Kommende Woche erfahren Sie, wann Sie dem deutschen Erbrecht unterliegen und wann nicht. Und warum gerade Senioren im Süden ihren Nachlass regeln sollten.
Relaunch der Homepage
Seit heute ist der neue Internetauftritt von wendelmuth Rechtsanwälte online. Mehr Informationen zum Angebot, eine optimierte mobile Darstellung und außerdem einige Seiten auf spanisch und englisch. Der Blog sollte nun auch wieder einwandfrei funktionieren. Für die Darstellungsprobleme der Vergangenheit bei den Umlauten bitten wir um Entschuldigung. Wir wünschen viel Spaß und empfehlen, unsere Facebook-Seite zu liken, damit Sie keinen neuen Eintrag verpassen.
Der Ernst des Lebens beginnt erneut – wendelmuth begrüßt Auszubildende

Pressemitteilung
Falkensee, den 17.08.2015
Der Ernst des Lebens beginnt erneut Fachkanzlei wendelmuth begrüßt Auszubildende
Heute startet Nina Winzler ihre Ausbildung zur Rechtsanwaltsfachangestellten bei wendelmuth Rechtsanwälte. Rechtsanwältin Agnes D. Wendelmuth begrüßt sie mit einer großen Schultüte. „Da sind natürlich auch Süßigkeiten drin, aber vor allem Gesetzestexte, die Nina für die Berufsschule braucht“, erklärt die Falkenseer Anwältin. Nina ist die erste Auszubildende in der Kanzlei. „Natürlich müssen mein Team und ich zunächst Zeit und wahrscheinlich auch Nerven investieren“, ist sich Wendelmuth bewusst, „aber wer nicht ausbildet, darf sich später auch nicht über den Fachkräftemangel beschweren.“
Wer arbeitet bei Gericht? – Teil 5: Justizwachmeisterinnen und Justizwachtmeister — Der letzte Teil widmet sich einer Berufsgruppe, die wenig Aufmerksamkeit bekommt und trotzdem unverzichtbar ist.
Justizwachtmeister sind an ihrer Uniform zu erkennen. Sie erinnern optisch an Polizisten und ein wichtiger Bereich ihrer Tätigkeit hängt eng damit zusammen. Sie sorgen für Ruhe, Ordnung und Sicherheit im Gerichtsgebäude. Je nach allgemeiner Sicherheitslage oder bei Verhandlungen mit besonderer Gefährdungslage kontrollieren sie die Besucher des Gerichtsgebäudes. Sie bewachen Untersuchungshäftlinge, während ihr Prozess stattfindet, und begleiten Personen, die zwangsweise vorgeführt werden.
Wer arbeitet bei Gericht? – Teil 4: Staatsanwälte und Amtsanwälte – Der vorletzte Teil der Serie betrifft Strafprozess und Ordnungswidrigkeiten
Ganz streng genommen arbeiten Staatsanwälte und Amtsanwälte gar nicht bei Gericht, sondern gehen nur dorthin, wenn Sie vor Gericht einen Termin wahrnehmen und als Anwälte des Staates auftreten. Sie vertreten dann das Interesse des Staates, Straftaten und Ordnungswidrigkeiten zu ahnden. Staatsanwaltschaften sind organisatorisch von den Gerichten unabhängig. Für das Havelland ist die Staatsanwaltschaft in Potsdam zuständig.
Staatsanwälte haben die gleiche Ausbildung wie Richter (siehe Teil 1 dieser Serie), d.h. es handelt sich um Juristen mit zwei Staatsexamen und überdurchschnittlichen Abschlüssen. Die Tätigkeit umfasst die Ermittlung von Verdächtigen (in Zusammenarbeit mit der Polizei – juristisch gesprochen sind Polizisten bei der Strafverfolgung „Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft“), die Anklage und nach der Verurteilung auch die Einleitung und Durchführung der Vollstreckung.
Die Tätigkeit der Amtsanwälte ist ganz ähnlich, allerdings kümmern sie sich eher um die „kleinen Fische“ und verhandeln Strafsachen vor den Amtsgerichten (dort beträgt die maximale Freiheitsstrafe vier Jahre). Den Staatsanwälten fehlt oft die Zeit, selbst zum Sitzungsdienst zu gehen. Amtsanwälte tragen wie Staatsanwälte eine Robe und sind deshalb optisch nicht zu unterscheiden.
Der normale Weg zum Amtsanwalt führt über die Ausbildung zum Rechtspfleger (siehe Teil 2 dieser Serie). Hieran schließt sich eine weitere 15monatige Ausbildung an, davon 4 Monate Theorie, die in Nordrhein-Westfalen stattfindet. Am Ende der Ausbildung stehen auch hier eine mündliche und eine schriftliche Prüfung. Amtsanwälte sind Beamte des gehobenen Dienstes, wo sie recht hoch eingruppiert werden, um der Zusatzqualifikation Rechnung zu tragen.

